„Idee für Kleingeld-Nutzung US-Automat erobert den Kölner Einzelhandel“, titelte heute der ‚Kölner-Stadtanzeiger‘ über einen „Bericht“, der genauso geschrieben aus der Feder eines etwaigen PR-Agenten des Automatenaufstellers ‚Coinstar‘ hätte stammen können. Aus dem KStA-Beitrag erfährt man, es seien weltweit 17.000 Münzautomaten, die Kleingeld tauschen, aufgestellt.
Kölner Stadtanzeiger: „nur“ sechs Coinstar-Automaten in Köln
„In Köln gibt es sie erst seit Kurzem, derzeit stehen nur sechs Stück im gesamten Stadtgebiet, wie etwa bei einem Edeka-Markt in Vingst“, heißt es schon fast bedauernd („nur“) in dem Artikel. Die unbekannte Autorin oder der unbekannte Autor lässt auch nicht die Kosten unerwähnt.
Wechselgeld-Automat mit Kundenbindungssystem verleitet Kunden
Verbraucher, die ihre Münzen im ‚Coinstar‘-Automaten loswerden wollen, müssen für diesen sogenannten Service 9,9 Prozent vom Wechselgeld abdrücken. Doch der Supermarkt macht damit auch noch ein dickes Plus. Denn er kassiert nicht nur eine Umsatzbeteiligung, quasi als Aufstellgebühr, sondern der ‚Coinstar‘-Automat spuckt neben Wechselgeld auch noch zu weiteren Käufen verleitende Bons aus.
Ein PR-Bericht im Lokalteil?
Es ist Sinn und Zweck eines Unternehmens Umsätze und Gewinne mit pfiffigen Marketingideen zu erzielen. An der Umsatzbeteiligung und an dem Kundenbindungssystem ist nichts auszusetzen. Doch ist es die Aufgabe der KStA-Lokalredaktion einen Bericht, der mich an einen Werbeartikel erinnert, zu publizieren? „Kleingeld – Alle haben Vorteile“, schreibt die in Köln erscheinende Zeitung. Ob es ein Vorteil ist 9,9 % seines Vermögens zu verlieren, muss jeder Verbraucher selber entscheiden.
Ist Coinstar alternativlos?
Von einem kritischen Bericht hätte ich die Beleuchtung des Themas von allen Seiten erwartet. Wenn man nur den Artikel im ‚Kölner Stadtanzeiger‘ kennen würde, müsste man annehmen, ‚Coinstar‘ sei geradezu alternativlos, wenn man sich als Verbraucher von seinen Cents verabschieden wollte.
Unternehmen müssen pro Kaufvorgang bis zu 50 Münzen annehmen
Tatsächlich müssen Geschäfte Kleingeld bis zu 200 Euro kostenfrei annehmen, wenn der Kunde mit bis zu 50 einzelnen Münzen bezahlen möchte – und zwar bei jedem Bezahlvorgang. Dies ergibt sich zum einen aus § 3 Münzgesetz (MünzG) und zum anderen aus der EG-Verordnung Nr. 974/98. Haben Sie also 500 Münzen, müssen Sie nur zehnmal shoppen gehen.
Dies ist eine verbraucherfreundliche „Idee für Kleingeld“
Bei dieser verbraucherfreundlichen Lösung kassiert der amerikanische Automatenaufsteller ‚Coinstar‘ natürlich keine 9,9 % und Edeka bekommt keine Umsatzbeteiligung für das getauschte Kleingeld. Doch warum sollte sich ein Supermarkt am Wechselgeld bereichern? Denn wer dreht uns Verbrauchern denn all diese Cent-Stücke an? Genau!
Deutsche Bundesbank wechselt Euro-Münzen entgeltfrei
Übrigens gibt es – gerade in Köln am Rhein – noch eine weitere kostenlose Alternative sein Kleingeld zu „vergrößern“. Man besucht einfach die Filiale der Deutschen Bundesbank am Gustav-Heinemann-Ufer 96-100 in Köln-Bayenthal. Zugegeben, für Kunden des Edeka aus dem 5,6 Km entfernten Vingst nicht gerade sehr attraktiv.
Münzgeld auf das eigene Konto einzahlen
Die meisten Menschen haben zudem ein Konto und können Kleingeld einfach auf ihr Girokonto bar einzahlen – also auch in Münzen, ohne dass sie dabei 9,9 Prozent Verlust machen.
Eines Tages wird man für das bloße Bezahlen mit Bargeld abgezockt
Heute geht es nur um das Kleingeld. Doch es gibt sicherlich in einigen Schubladen Pläne, eines (fernen) Tages für die Verwendung von Bargeld möglichst hohe Gebühren zu verlangen, um die bargeldlose Abwicklung „attraktiv“ zu machen.
(c) 2019 by Anatol Wiecki